Stellungnahme des EGB zur EU-Grundrechtecharta
31.08.2000
»Ich bin enttäuscht und besorgt über den Entwurf der Grundrechtecharta. Wenn der
Text unverändert bleibt, werden wir einmal mehr eine Chance verpaßt haben, eine
gute Maßnahme für die Bürger zu ergreifen. Der Entwurf muß abgelehnt werden,
weil er Lücken hat, gegenüber bestehenden Dokumenten zurückfällt und zweideutig
ist.«
Die Charta falle hinter die nationale Gesetzgebung, internationale Konventionen
und bestehende Dokumente der Union zurück. »Ich mache mir Sorgen über die
übermäßige Anwendung des Prinzips der Subsidiarität auf dem Gebiet der sozialen
Rechte. Dies schränkt die künftigen Aktivitäten der EU-Kommission für eine
soziale Angleichung nach oben ein. Die Charta muß eine Projektion der nationalen
Rechte auf die europäische Ebene sein.«
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Diese Punkte der Charta werden vom EGB beanstandet:
- Es fehlt im Kapitel über die Koalitions- und Versammlungsfreiheit der
ausdrückliche Hinweis auf die Rolle der Sozialpartner im Rahmen eines
europäischen Kollektivvertragssystems; es heißt dort nur »Jeder einzelne hat das
Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigung...« (Art.12)
Ebenso fehlt eine Anerkennung der Rolle europäischer NGOs.
- Es gibt kein »Recht auf Arbeit«, statt dessen gibt es ein »Recht zu arbeiten
und Arbeit zu suchen« (Art. 15)
- das Streikrecht, das Recht auf gewerkschaftliche Betätigung und auf
grenzübergreifende Aktion und Koalition werden nicht ausdrücklich anerkannt;
es gibt kein Recht der Beschäftigten auf Information und Konsultation im
vorhinein;
es gibt kein Recht auf Mitbestimmung (Art. 25 und 26)
- Kapitel IV, das sich mit den sozialen Grundrechte befasst, trägt die
Überschrift »Solidarität«. Es enthält nicht:
- ein individuelles Recht auf ein anständiges Mindesteinkommen, von dem der /die
Einzelne mit seiner/ ihrer Familie in Würde leben kann (dieses Recht findet sich
jedoch in der Charta der Grundrechte der Arbeitnehmer in der EU von 1989);
- das Recht auf Wohnung (wie in der Europ.Sozialcharta);
- das Recht auf Rente (Europ. Sozialcharta);
- das Recht auf Schutz vor Armut und sozialer Ausgrenzung (Europ.Sozialcharta);
- das Recht auf qualifizierte Dienstleistungen (Europ.Sozialcharta);
- das Recht auf soziale Sicherheit für Behinderte;
- das Recht auf Bürger von Drittstaaten, die sich nicht legal in der EU
aufhalten, auf einen minimalen Schutz nach der Genfer Konvention von 1951 und
dem Zusatzprotokoll von 1967;
- das Recht auf Familienzusammenführung für diese Bürger;
- das Recht auf Chancen- und Behandlungsgleichheit zwischen Männern und Frauen
in allen Bereichen des Lebens;
- das Recht auf Anerkennung kultureller Unterschiede.
Es gibt keinen Artikel zur rechtlichen Durchsetzung der Charta.
Website: www.etuc.org
Demonstration am 6. Dezember
Der EGB will es bei der verbalen Ablehnung der EU-Grundrechtecharta nicht
belassen. Am 6. Dezember, am Vorabend des Gipfeltreffens, will er 60.000 Menschen
nach Nizza rufen, um »unseren Forderungen nach Verankerung von sozialen
Grundrechten im Unionsvertrag und nach europäischer Beschäftigungspolitik«
Nachdruck zu verleihen. Der DGB hat sich dem EGB gegenüber verpflichtet, 200
Teilnehmende aus Bayern und Baden-Württemberg zu entsenden. Darüberhinaus sei es
den Einzelgewerkschaften freigestellt, mehr zu mobilisieren.
Die Europäischen Märsche rufen zum selben Datum zur Demonstration nach Nizza
auf.
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