Bericht der europäischen Koordination der Märsche vom 21.4.2002

1. Marsch nach Sevilla

Es gibt einen französischen und einen spanischen Marsch. Der französische Marsch beginnt am 8. Juni in Clermont-Ferrand (Zentralmassiv) vor dem Sitz von Valéry Giscard-D’Estaing, dem Präsidenten des Konvents. Von dort geht es nach Millau, José Bové besuchen (10.6.), über Montpellier (13.6.) und Perpignan (14.6.) nach Port Bou zum Grab von Walter Benjamin und Machado. Die Marschierenden werden die Grenze zu Fuß überqueren und dann mit einem spanischen Bus nach Almeria fahren, wo sie sich dem andalusischen Marsch anschließen. An dem Marsch beteiligen sich neben den französischen Erwerbslosen auch die Wohnungslosen aus Charleroi (Belgien) sowie eine Delegation von SinCobas und Erwerbslosen aus Italien. Aus Deutschland gibt es vielleicht eine kleine Beteiligung aus Dresden.
Der andalusische Marsch beginnt in Almeria am 18.6. und führt über Granada (19.), Malaga (20.), Algeciras und Jerez nach Sevilla (21.6.). Die Tage haben thematische Schwerpunkte: Landwirtschaft, Frauen, Rassismus und Migration.
Am 20.6. machen die spanischen Gewerkschaftsverbände nach bisherigem Stand einen Generalstreik gegen die Ankündigung der Regierung, den Bezug von Stütze vonder Bereitschaft abhängig zu machen, jede Arbeit anzunehmen. Sie wollen an diesem Tag deshalb in Sevilla auch wieder eine Großdemonstration durchführen, an der sich auch 5000 Gewerkschafter aus Portugal sowie etliche der französischen CGT anschließen wollen. Am 22.6. findet in Sevilla die internationale Großdemonstration des Bündnisses »Foro Social Sevilla« statt, zu der vor allem Studierende mobilisieren. Aus Frankreich werden Attac und die Gewerkschaftslinke (G 10) erwartet. Dazu gibt es vom FSS einen Aufruf.

Am 6. und 7.Juni organisiert Attac Brüssel zusammen mit einer Delegation aus Nordfrankreich eine kleinere Aktion vor dem Gebäude des europäischen Unternehmerverbands UNICE in Brüssel.

Auf dem offiziellen EU-Gipfel von Sevilla steht vor allem die EU-Osterweiterung auf der Tagesordnung.

Die Webseite des Foro Social Sevilla lautet: www.forosocialsevilla.org
Die E-Mail der Studierenden, die von Deutschland aus nach Sevilla mobilisieren, lautet: info@education-is-not-for-sale.org

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Marsch nach Sevilla

Mobilisierung der Nicht-Marschierenden

Weitere Initiativen

2. Mobilisierung der Nicht-Marschierenden

Eine neue Initiative: »Das Große Buch der sozialen Kämpfe«
Für viele ist die Fahrt nach Sevilla zu lang und zu teuer. Es wurde deshalb überlegt, wie wir eine Aktionsform finden können, an der sich auch die Nicht-Marschierenden beteiligen können.
Vorschlag: Wir erstellen ein »Großes Buch der sozialen Kämpfe« – nach dem Vorbild der Beschwerdebücher, die im Zeitalter des Absolutismus den Fürsten überreicht wurden: eine Mischung aus Anklage und Dokumentation der sozialen Zustände.
Die Idee ist, kurze Zeugnisse von Einzelpersonen (Betroffenen aller Art) zu sammeln, in denen sie darlegen, was Arbeitslosigkeit und unsichere (prekäre) Beschäftigung für sie persönlilch für Auswirkungen haben. Es sollen keine politischen Dokumente sein und sie sollen auch nicht von Verbandsfunktionären erstellt werden, sondern persönliche Berichte. Nicht länger als 2000 Zeichen (20 Zeilen à 60 Anschläge, 1 1/2zeilig). Es kann darin alles enthalten sein: Schilderung ihrer Lage, wie sie sich dagegen wehren, versuchen ihre Situation zu verbessern, woran sie scheitern, ihre Forderungen, usw. Alle Themen finden Berücksichtigung, die mit Ausgrenzung zu tun haben: Wohnung, Aufenthaltspapiere, Arbeit/Erwerbslosigkeit, Migration, Frauen/Reproduktionsarbeit, etc. Die Zeugnisse sollen in der Sprache der Betroffenen verfaßt sein.

Eine erste Sammlung solcher Zeugnisse soll nach Sevilla gebracht und dort den Ratsherren übergeben werden. (Einsendeschluß: 7.6.) Das kann aber nur ein Anfang sein: Die Zeugnisse sollen über einen längeren Zeitraum gesammelt und schließlich in einem Großen Buch vereinigt werden, das 2004 zum Zeitpunkt der Beschlußfassung über die europäische Verfassung überreicht wird. Zeugnisse, die vorher schon übergeben werden, werden deshalb nur in Kopie übergeben, die Originale behalten wir für die Endsammlung. Es könnte daraus am Ende auch ein gedrucktes Buch entstehen.
Die Franzosen sammeln die Zeugnisse; dafür wird eine email-Adresse und eine Faxadresse eingerichtet. Der Sammlungsprozeß sollte aber über die örtliche, regionale und nationale Schiene laufen, damit vor Ort mit den Zeugnissen gearbeitet werden kann.

Die Initiative kann als Rückgrat einer anhaltenden Mobilisierung dienen. Mit entsprechend aufgemachten Informationsmaterialien (Flugblätter, kleine Bücher, die innen leer sind und als Behältnisse dienen, Hilfestellungen für das Verfassen von Zeugnissen u.a.) können auf Infoständen und bei allen möglichen Gelegenheiten Menschen angesprochen werden, solche Zeugnisse zu verfassen. Die Mobilisierung ist umso wirkungsvoller, je mehr Menschen das tun, je kollektiver der Prozeß organisiert wird und je mehr davon in die Öffentlichkeit kommt. Inhaltliche Begleitmusik ist die Auseinandersetzung mit der Grundrechtecharta und dem Prozeß sowie dem Inhalt der europäischen Verfassung.

Für diese Initiative wird ein Aufruf verfaßt.

3. Weitere Initiativen:

  1. Prekäre Beschäftigung: Die italienischen Netzwerk - vor allem die aus Süditalien - wollen im Mai ein nationales Netzwerk »Prekäre Beschäftigung« schaffen, mit dem sie auf dem ESF auftreten wollen.
  2. In Belgien hat sich auf Initiative des breiten Bündnisses, das die Demonstration in Brüssel im vergangenen Dezember organisiert hat, ein belgisches Sozialforum gebildet; daran nehmen auch die beiden Gewerkschaftsverbände FTGTB und CSC teil. Das Belgische Sozialforum wird sein erstes öffentliches Treffen am 21.September durchführen. Hauptthemen: Privatisierung der öffentlichen Dienste und Liberalisierung der Märkte für Versorgungsleistungen.
    In Frankreich hat Ende März ein Vorbereitungstreffen für ein Französisches Sozialforum stattgefunden. Daran waren etwa 30 Organisationen beteiligt.
    In Deutschland wird sich am 1.Juni in Hannover ein bundesweiter Vorbereitungskreis für Florenz konstituieren.
  3. Die nächste Erwerbslosenversammlung wird im Rahmen des Europäischen Sozialforums in Florenz stattfinden. Dessen Datum ist festgelegt auf den 7.–10. November. Unsere thematischen Schwerpunkte sind wie gehabt:
    Mindesteinkommen, soziale Rechte, prekäre Beschäftigung. Die Erwerbslosenversammlung ist für einen Nachmittag geplant. Zu den drei genannten Themen werden auch Foren stattfinden, die von breiteren Kreisen initiiert werden: die Spanier arbeiten an einer Charta für die Grundrechte in Europa; die Italiener und Franzosen planen ein europäisches Netzwerk »Prekäre Beschäftigung«; und es gibt eine gesonderte AG zum Thema Garantiertes Mindesteinkommen (von dem ich nicht weiß, wer sie lanciert). Wir haben also zahlreiche Möglichkeiten, unsere Anliegen mit anderen zu vernetzen und müssen die Zeit entsprechend einteilen. In Wien (2.Vorbereitungstreffen für Florenz, am 11.und 12.5.) legen wir einen Aufruf für die Europäische Erwerbslosenversammlung vor.
  4. Besonderes Gewicht soll in Florenz die Charta der Grundrechte erhalten; deren Diskussion ist ebenfalls als ein längerer Prozeß geplant, der von Florenz aus mit einem Aufruf lanciert werden soll und bis 2004 tragen woll. Es wird eine besondere Mailingliste dazu eingerichtet.
  5. Weltspartag: Es war in Brüssel beschlossen worden, daß wir an diesem Tag in ganz Europa Aktionen zum Thema Mindesteinkommen machen. Aus Anlaß der Euro-Einführung könnten wir konkret sowohl die erheblich gestiegenen Lebenshaltungskosten als auch den Vergleich derselben über die Ländergrenzen hinweg thematisieren. Denkbar sind auch Debattenrunden, in denen wir unsere Konzept für ein europäisches Mindesteinkommen vorstellen und zur Diskussion stellen.

i.A. Angela Klein
Freitag, 17. Mai 2002

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