MANIFEST der KAMPAGNE GEGEN EIN EUROPA DES KAPITALS – KATALONIEN 2002Jenseits der Jubelpropaganda der PP-Regierung (Partido Popular = »Volkspartei«) und anlässlich des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Barcelona wollen wir, die Unterzeichnerorganisationen, unsere Unzufriedenheit mit dem derzeitigen Prozess der europäischen Einigung bekunden. 16 Jahre sind seit dem Beitritt des spanischen Staates in die Europäische Union vergangen, genug Zeit also, um seitdem eine Bilanz der Ereignisse zu ziehen. Als Folge der zuerst von den Sozialisten und nun von der Volkspartei vertretenen neoliberalen Politik sind die Gewinne des Kapitals gestiegen, während die der Lohnarbeit gesunken sind. Eine systematische Zerstörung der hart erkämpften Rechte der Arbeitnehmer hat stattgefunden. Das Bild, das sich heute bietet, spricht Bände: die Quote der unsicheren Arbeitsverhältnisse ist dreimal so hoch wie im europäischen Durchschnitt, die Arbeitslosenrate beträgt dennoch das Doppelte, was sich für Frauen und Jugendliche besonders drastisch auswirkt. Hinzu kommt eine immens hohe Zahl von Arbeitsunfällen und eine Schattenwirtschaft, die vor allem Immigrantinnen und Immigranten quasi zu Sklaven macht. Außerdem hat die rigide Finanz- und Haushaltspolitik, deren Obsession ein Nulldefizit und die Unterwerfung sämtlicher politischer Entscheidungen der EU unter den Druck der Lobbies europäischer und sogar amerikanischer Konzerne ist, die Privatisierung der öffentlichen Dienste (Transport, Elektrizität, Post, Gesundheit, Bildung) und die Kürzung der sozialen Leistungen zur Folge. Heute leben 8 Mio. Einwohner des spanischen Staates, in Katalonien 668.000 (11% der Bevölkerung), unter der Armutsgrenze, und die sozialen Ungleichheiten nehmen in fast allen europäischen Ländern immer mehr zu, und das selbst in den nördlichen Ländern. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union war von Anfang an durch ihr großes Demokratiedefizit geprägt. Die Bürger des spanischen Staates sind niemals durch ein Referendum über den Beitritt und dessen Knebelungskonditionen befragt worden. Auch nicht über jene Entscheidungen, die sie direkt betreffen: der Euro, die Unabhängigkeit der Zentralbanken, das Schengener Abkommen etc. etc. Wir wurden weder auf europäischer Ebene und weniger noch innerhalb unseres Landes zu den von der EU in den internationalen Organisationen (UNO, G7/8, OECD, etc.) vertretenen Positionen befragt. Mit Geheimniskrämerei und Heimtücke werden die Interessen der großen transnationalen Konzerne vertreten, und zwar mittels der Strukturanpassungspläne, der WTO-Abkommen, der drückenden Last der Auslandsschulden, und deren Gegenstück, den ökologischen Schulden, die der Norden beim Süden gemacht hat. All dies führt zum Ausbruch von zyklischen Krisen wie zu der derzeitigen in Argentinien, und damit einhergehend zum Genozid von Millionen von Menschen auf unserem Planeten. So groß wie der Enthusiasmus war, als man den „Fall der Sowjetischen Mauer“ feierte, so groß war auch die Heuchelei beim Errichten der „Schandmauern“, mit denen man vergeblich den durch das ungerechte Weltwirtschaftssystem verursachten Strom von Immigranten eindämmen will. Die europäische Agrarpolitik, die die Hälfte des EU-Haushalts verschlingt, schanzt 80% jenes öffentlichen Geldes den reichsten 20% des Sektors zu und setzt auf das Modell einer intensiv produzierenden Landwirtschaft unter Verwendung chemischer Produkte, was zu unsicherer Ernährung führt und die globale ökologische Krise verschärft. Die radioaktiven Abfälle, die CO2-Emissionen, die übermäßige Nutzung der Wälder, der verschwenderische Umgang mit Wasser und anderen natürlichen Ressourcen, die chemische Verschmutzung sind Symptome für die Untragbarkeit des von der EU vorangetriebenen Gesellschaftsmodells. Die spanische EU-Präsidentschaft ist durch Unterwürfigkeit gegenüber der Kriegstreiberei der USA geprägt, die sich nach dem 11. September des vergangenen Jahres verstärkt hat. Indem er den Terrorismus und die Unterstützung des Krieges gegen selbigen zum Hauptaugenmerk seiner Präsidentschaft erklärt hat, beweist Aznar seine Unterwerfung unter die US-Interessen und das Fehlen einer eigenständigen europäischen Außenpolitik. Dieser Krieg ist keine vorrübergehende Episode: er ist das neue Szenario, vor dessen Hintergrund der Markt, mitten in einer akuten Krise, seine Herrschaft aufrechtzuerhalten versucht, und zwar durch die Kontrolle der weltweiten Energieressourcen, durch Subventionen für die Industrie, die sich auf andere Weise nicht rechtfertigen ließen, und durch das Aufzwingen eines Pseudo-Konsenses hinsichtlich des Kampfs zwischen « Gut » und « Böse ». Im Grunde bedeutet dies die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten und die Kriminalisierung der sozialen Bewegungen, die Verfolgung von Immigranten und jeder Form von Widerstand aus der Bevölkerung. Angesichts fehlender Beteiligungsmechanismen wollen wir von der KAMPAGNE GEGEN EIN EUROPA DES KAPITALS aus ein anderes Europa bauen, damit eine andere Welt möglich wird: Ein Europa, in dem der Bürger und nicht der Markt die Wirtschaft kontrolliert, in dem Reichtum und Arbeit gerecht verteilt werden, mittels einer Wirtschaftspolitik, deren Ziel es ist, die sozialen Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen und ihr natürliches und kulturelles Erbe zu bewahren. Ein Europa, welches die Freiheit und Gleichheit der Menschen, und die Ausdehnung dieser Prinzipien auf die gesamte Weltbevölkerung, jedem anderen Ziel voranstellt. Ein Europa, in dem die Beteiligungsdemokratie zu einer Realität wird, die den Ausbau der kulturellen, sprachlichen und politischen Rechte der Menschen und Völker, einschließlich dem Recht auf Selbstbestimmung, ermöglicht. Ein Europa, in dessen Agenda die Förderung des Friedens in der Welt Vorrang hat, indem es die Ungleichheiten zwischen Menschen und Völkern beseitigt und die Armeen abschafft. Indem es eine Politik weltweiter Gerechtigkeit anwendet, wie etwa die sofortige Streichung der Auslandsschulden der verarmten Länder. Ein Europa, das respektvoll mit dem Planeten und allen seinen Lebewesen umgeht, die heute von einem schrankenlosen Markt bedroht sind. Ein Europa, für das eine gesunde und tragfähige Ernährung ein Recht und kein Geschäft darstellt. Wir, die Menschen und Basisgruppen, die wir die KAMPAGNE GEGEN EIN EUROPA DES KAPITALS tragen, wollen an der Entwicklung teilnehmen und rufen die gesamte Bevölkerung dazu auf, ihre Ablehnung des gegenwärtigen Modells der europäischen Einigung unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, indem sie die Proteste und die sozialen Mobilisierungen, die im Laufe dieses Halbjahres stattfinden werden, unterstützt. GEGEN EIN EUROPA DES KAPITALS UND DES KRIEGES
ÜBERSETZUNG: RAFAEL SANCHEZ
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Gruppen, die bis zum 13.02.02 ihre Unterstützung erklärt haben: Agrupament Escolta I. Guia Mont Palau-Pineda de Mar
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