AG Soziales Europa im Konvent, 6./7.Februar 2003

Konsens für ein Nicht-Soziales Europa?

Stellungnahme von Marie-Paule Connan, Euromarsch Belgien, 4.2.2003

Der Vorentwurf für einen Schlußbericht der Arbeitsgruppe »Soziales Europa« begräbt jedes Ideal eines Sozialen Europa. Er ist in englischer, französischer und deutscher Sprache verfügbar auf der Homepage des Konvents im Ordner »Arbeitsgruppen«. Die Angaben in Klammern beziehen sich auf die Kapitelaufteilung des vorläufigen Berichts der AG in deutscher Sprache.

Der Schlußbericht:
http://register.consilium.eu.int/pdf/de/03/cv00/cv00516-re01de03.pdf

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  1. Die Grundrechtecharta der EU ist nun der alleinige Maßstab. Das bedeutet das Aus für den Grundsatz des garantierten Rechts auf Schutz im Fall von Erwerbslosigkeit, auf Rente, auf Wohnung und auf ein Mindesteinkommen… [Pkt. 2-4 von Kap.I]
  2. Solidarität wird auf regressive Weise definiert. Bisher verbinden sich damit die Systeme der Solidargemeinschaft, die ein Ergebnis unserer Kämpfe sind und in entsprechende Gesetze Eingang gefunden haben.
    Das neue Konzept von Solidarität, wie der Konvent sie definiert, bezeichnet jetzt aber etwas ganz anderes. Die Arbeitsgruppe legt ein Konzept der Solidarität nahe, die als »zwischenmenschliche Solidarität und/oder Solidarität zwischen den Generationen oder zwischen den Mitgliedstaaten...« definiert wird. [Pkt. 9 in Kap.I]
  3. Da die Grundrechtecharta nicht mehr modifiziert werden soll, bleibt sie als einziger Bezugspunkt übrig. Die anderen Bezüge auf vorherige Sozialchartas werden damit erledigt; sie enthielten durchaus eine Garantie des Rechts auf Arbeit und auf Lohnersatz. [Pkt. 11 in Kap.I]
  4. Es gibt keinen Konsens für eine Garantie der »öffentlichen Dienste« (»Dienstleistungen im allgemeinen Interesse«). Es überwiegen die Regeln der Öffnung für die Konkurrenz. [Pkt. 18 in Kap.II]
  5. Am Schluß von Kap.2 steht eine Erklärung, die den Schein wahren will, aber keinerlei Rechte garantiert. Der Eröffnungssatz spricht für sich selbst: »Die Union bemüht sich...« Aber nichts zwingt sie dazu. [Pkt. 22 in Kap. II. Der in der französischen Fassung existierende Absatz, der auf die Auflistung der förderwürdigen Ziele folgt und aus dem das Zitat entnommen ist, fehlt in der deutschen Fassung.]
  6. Die Lohn- und Gehaltstarifverträge bleiben vom Vertragswerk ausgeschlossen. Art. 137 des Vertrags von Nizza schließt »die Annahme von Mindestforderungen auf dem Gebiet der Löhne, des Koalitionsrechts, des Streikrechts und des Rechts auf Aussperrung« aus. Begründet wird dies damit, dass »zahlreiche Rechtsakte der Gemeinschaft Bestimmungen über das Arbeitsentgelt enthalten«. Wie die Großen Wirtschaftspolitischen Orientierungen z.B., die sie senken wollen! [Pkt. 28 in Kap. III]
  7. Die Verallgemeinerung der Entscheidungsfindung mit qualifizierter Mehrheit wird nur akzeptiert, wenn die Bestimmungen, die bisher dem Vetorecht unterlagen (weil sie soziale Fortschritte erlaubten) auch fürderhin im wesentlichen davon ausgenommen bleiben. Vor allem die Finanzierung der Sozialversicherung und des Schutzes bei Erwerbslosigkeit bleiben an das Prinzip der Einstimmigkeit gebunden. [Pkt. 62 in Kap. VI]

Ein positiver Aspekt: Unsere Forderungen wurden von einigen Konventsmitgliedern vorgetragen. Dazu heißt es im Bericht:

»Eine Reihe von Mitgliedern befürwortete die Aufnahme einer Bestimmung in den Vertrag, nach der der Rat nicht nur im Bereich der Gesundheitsfürsorge, sondern auch im Bereich der Sozialversicherungsleistungen und sozialen Dienstleistungen im Wege der Mitentscheidung gesetzgeberische Maßnahmen für die Einführung von Mindeststandards für den sozialen Schutz erlassen kann; diese sollten beispielsweise den Schutz im Alter, im Fall der Invalidität, Schwangerschaft, Arbeitslosigkeit oder Pflegebedürftigkeit gewährleisten und sicherstellen, daß Personen ohne ausreichendes Einkommen Sozialhilfe und Wohlgeld erhalten, die ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen.« [Pkt. 33 in Kap.III]

Das Wörtchen »war« bedeutet, daß dieser Vorschlag abgelehnt wurde.

»Die meisten Mitglieder der Gruppe waren der Auffassung, dass in den Vorbereitungsphasen davon ausgegangen werden sollte, dass kein Politikbereich einem anderen untergeordnet ist. Dies gehe aus der gegenwärtigen Fassung von 128 Abs.2, demzufolge die Beschäftigungspolitischen Leitlinien mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik ,in Einklang stehen' müssen, nicht eindeutig hervor. Einige Mitglieder empfehlen daher, dass dieser Satz entsprechend geändert wird, doch halten andere den derzeitigen Wortlaut für angemessen.« [Pkt. 50 in Kap. V]

Diese Frage ist noch nicht entschieden.

Wie werden diese Mitglieder nun reagieren? Werden sie den Konsens mittragen, wie sie es bereits bei der Grundrechtecharta in 2000 getan haben?
Und wenn ja, was werden sie uns als sozialen Fortschritt verkaufen? Welche Kröten verlangen sie von uns zu schlucken?

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