Bericht vom europäischen Büro der Euromärsche am 30. Januar 2000

 

anwesend: BRD (ALI Thüringen, Euromärsche München, Düsseldorf, Berlin), Italien (In Marcia), Spanien (IU/CCOO), Frankreich (AC!, MNCP, APEIS), Belgien (Mouvement pour la paix, Euromarsch), Niederlande.

 

Samstag, den 29. Januar:

Es tagte die Arbeitsgruppe zur Mindestsicherung. Sie hat sich zunächst auf folgende negative Minima verständigt ­ in der positiven Formulierung ist man noch nicht viel weiter gekommen:

Die sozialen Leistungen dürfen in keinem europäischen Land fallen unter die Grenze von:

  • 50% des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf der Bevölkerung
  • die offizielle Armutsgrenze
  • bereits bestehenden sozialen Minima.
Die Festlegung dieser drei Parameter für alle europäischen Länder sagt nichts darüber aus, daß sie nicht für die einzelnen Länder präzisiert werden können.

 

Bundeskoordination

Homepage
français
english

 

 

 

 

 

Soziale Grundsicherung
auf europäischer Ebene

Aktion:

Es wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet, bestehend aus den beiden KoordinatorInnen Marie-Paule Connan und Nur Derim (Belgien) sowie den von den einzelnen Ländern festzulegenden Ansprechpartnern. Die Arbeitsgruppe hat den Auftrag, die Debatte fortzuführen und der Europäischen Koordination Ende Mai einen inhaltlichen Vorschlag zu unterbreiten.

Der inhaltliche Vorschlag soll zwei Dinge umfassen:

  • eine Formel für eine europaweite Mindestsicherung zu finden;
  • eine Sofortforderung für die Anhebung derselben zu formulieren.
Darüberhinaus soll am 8./9. Juni vor dem Europa-Gipfel der Unternehmer (s. weiter unten) ein Seminar/Kolloquium organisiert werden, zu dem VertreterInnen aller Sozial- und Erwerbsloseninitiativen Europas eingeladen werden. Die Euromärsche wollen dort ihren Vorschlag zur Diskussion stellen und mit den Initiativen gemeinsam abstimmen.

Die Arbeitsgruppe trifft sich erstmals am 18. Februar 2000 in Brüssel, in den Räumen von IGLOO, rue Defacqz 1, Brüssel. Tel. 00322 - 5384004.

(Ergänzung: Menschen und Gruppen, die sich mit dem Thema bereits befasst haben und zu dieser Diskussion etwas beitragen möchten, werden gebeten, uns Positionspapiere über die Anforderungen an eine soziale Grundsicherung im jeweiligen Land zukommen zu lassen. Ich schlage vor, dass ich das für Deutschland sammle und an die KollegInnen in Belgien weiterleite ­ Gitti)

 

Sonntag, den 30. Januar

Es tagte das europäische Büro der Märsche (Anwesenheit s.oben).

 

Top 1: Was findet wo statt?

1. Raison d'agir

Eine Gruppe französischer SoziologInnen um Pierre Bourdieu hat vor einem Monat einen europäischen Aufruf für eine »Charta 2000« lanciert. Ihr Zweck ist die Bildung einer Art »Netz der Netze« der sozialen Bewegungen auf europäischer Ebene, die von Erwerbslosen, Obdachlosen, sozialen Initiativen aller Art, Gewerkschaften und Intellektuellen so ziemlich alles umfaßt. Wie und wann sie genau entstehen soll, ist noch unklar.

Aktion:

Der Text des Aufrufs ist in Kürze zu erwarten. Es wird Euch dann in deutscher Übersetzung zur Verfügung gestellt.
Auf dem Büro wurde der Vorschlag gemacht, daß dieses Netzwerk in zeitlicher Korrespondenz zur europäischen Versammlung der Erwerbslosen Anfang Dezember tagen und dort seine Charta vorstellen sollte. Damit soll eine breitere Mobilisierung für die Dezember-Demo in Nizza erreicht werden.

2. Internationale Aktionen gegen die Globalisierung:

Diese Aktivitäten haben in verschiedenen Ländern unterschiedliche Schwerpunkte: in Deutschland und Großbritannien eher die Schuldenstreichung; in USA und Frankreich eher die WTO; in anderen Ländern eher die Strukturanpassungspläne des IWF.

Seattle war eine Wende, die die Notwendigkeit unterstrichen hat, eine gemeinsame internationale Front von unten aufzubauen. Dazu muß auch die inhaltliche Debatte weiterentwickelt werden. Bisher sind kontroverse Themen u.a. die internationale Finanzarchitektur und die Sozialnormen (darüber gibt es Auseinandersetzungen in und mit den Gewerkschaften z.B.)

  • In der ersten Februarwoche findet in Bangkok die UNCTAD-Konferenz statt;
  • im April richtet die UNO in Den Haag eine Internationale Wasserkonferenz aus;
  • Vom 26.-30. Juni findet in Genf die Folgekonferenz der UN-Weltsozialkonferenz von Kopenhagen statt.
Christophe Aguiton berichtet, es werde aus Frankreich wahrscheinlich einen Aufruf geben, daß die Bewegung gegen WTO, Schuldenstreichung etc. sich Ende Juni in Genf zur Bildung eines internationalen Netzwerks trifft.
  • Der G7-Gipfel findet in diesem Jahr in Okinawa statt ­ außerhalb unserer Reichweite.
  • Am 20.September findet in Prag die Generalversammlung des IWF statt (vorher im April in Washington). Es gibt dazu aus England einen Aufruf zu Aktionen. Die Euromärsche versuchen, in Prag Ansprechpartner dafür ausfindig zu machen, was aber schwierig ist.
  • das französische wissenschaftliche Forum »Espace Marx« organisiert vom 28.11. - 1.12. zusammen mit ATTAC eine große Konferenz gegen Globalisierung, zu der in Paris etwa 2000 Leute erwartet werden.

3. Aktivitäten anläßlich der EU-Gipfel in Portugal und in Frankreich:

Portugal:

  • Vom 7.-9.3. findet in Lissabon ein offenes Treffen der Fraktion der Linken im Europa-Parlament (GUE/NGL) statt. Zwei VertreterInnen der Euromärsche sind eingeladen.
Aktion:

Belgien und Spanien entsenden jeweils eine/n Vertreter/in.

  • Am 23.3. nachmittags organisiert die CGTP eine Demonstration anläßlich des Sozialgipfels. Die Euromärsche sind eingeladen, einen Block zu bilden.
EU-Präsidentschaft in Portugal
erstes Halbjahr 00
Aktion:

Die Spanier organisieren mindestens einen Bus von Madrid aus; die Belgier einen Bus von Lüttich, bzw. bei Interesse auch von Köln aus. Außerdem werden einige Leute individuelle hinfahren. Auf diese Weise ist gewährleistet, daß 100 bis 150 Personen die Euromärsche bei dieser Demonstration vertreten ­ auch aus der BRD wird mindestens eine Handvoll dabei sein (Kontakt: Hugo: 0211-674980).
Die zweitgrößte Gewerkschaft in Portugal, die UGTP, überlegt noch, ob sie sich an der Demonstration beteiligt.

  • Am 23.3. findet in Lissabon auf Einladung der portugiesischen KP ebenfalls das Forum der Kommunistischen Parteien statt. Hugo Braun (Euromarsch Düsseldorf) hat eine persönliche Einladung, für die Euromärsche dort ein Grußwort zu halten. Darüber hinaus besteht Interesse, am Rande intensiver über eine Kooperation mit den Märschen zu reden.
  • Am 24.3. findet ein Gegengipfel zum Sozialgipfel statt, der von einem Bündnis verschiedener gesellschaftlicher und politischer Organisationen ausgerichtet wird (ATTAC, Gewerkschaftsgruppen, KP, Bloque da Esquerda, andere Gruppen). Die Euromärsche erhalten eine offizielle Einladung, sich zu beteiligen.
Aktion:

Wir gehen überall hin, wo wir eingeladen werden. Unser Ziel dabei ist aber nicht, Beziehungen mit politischen Parteien zu pflegen, sondern in Kontakt mit den sozialen Bewegungen zu kommen und deren Einbeziehung in das Ntzwerk der Märsche bzw. den Aufbau eines Stützpunktes der Euromärsche in Portugal zu erreichen.

  • Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) wird in Kürze darüber entscheiden, ob er zum EU-Gipfel, der um den 10.Juni herum in Santa Maria da Feira stattfindet, zu einer Demonstration aufruft. Unabhängig davon hat sich die CGTP dafür ausgesprochen, ihre Demonstration am 23.März anläßlich des Sozialgipfels durchzuführen.
Material zum offiziellen Gipfel
findet sich im Internet auf der Seite: www.portugal.ue=2000.pt
Aktion:

Der März-Termin ist deshalb derjenige, auf den auch wir orientieren.

 

Brüssel:

Am 10. und 11. Juni findet ­ parallel zum EU-Gipfel ­ der Euro-Business-Gipfel in Brüssel statt. Der Europäische Unternehmerverband UNICE mobilisiert ca. 1500 Unternehmensvorstände zu Gesprächen mit hochrangigen Vertretern aus Politik, internationalen Organisationen und Wirtschaft. UNICE will vor dieser Kulisse der Öffentlichkeit einen eigenen Forderungskatalog der Unternehmer an die EU präsentieren. Dieser Katalog wurde am 1. Oktober erstmals von UNICE vorgestellt. Er ist zu erhalten im Internet auf der Seite: http://www.unice.org; Informationen zum European Business Summit auf der Seite: http://www.ebsummit.org

Aktion:

Die belgischen Euromärsche haben die Initiative für eine regionale Aktion anläßlich dieses Ereignisses ergriffen. Gedacht ist an eine Beteiligung aus dem Raum Brüssel-Lüttich-Aachen-Köln/Düsseldorf-Niederlande. Ein erstes Treffen dazu ist für den 10. März in Köln vorgesehen.

  • Derzeit bereitet die EU ihren Bericht über die »Großen Wirtschaftspolitischen Leitlinien« vor, der auf einem EU-Gipfel am 8. und 9.10. vorgestellt wird. Es gibt mittlerweile ein europaweites Netzwerk von Ökonomen, an dem auch Jörg Huffschmidt von der Memorandumsgruppe mitwirkt, die Alternativen dazu formulieren.

 

Frankreich:

Die ursprünglich für Oktober vorgesehen europäische Versammlung der Erwerbslosen wird nun Anfang Dezember in Paris stattfinden, um sie in zeitliche Nähe zur Demonstration gegen den EU-Gipfel in Nizza zu rücken. Damit soll vermieden werden, daß die Initiativen zweimal die Kraftanstrengung einer so weiten Mobilisierung leisten müssen. Dadurch ergibt sich für den Dezember folgende mögliche Zeitleiste:
  • 28.11.-1.12. Paris: Konferenz von Espace Marx und Attac zur Globalisierung
  • 2. bis 4.12. Paris: Europäische Versammlung der Erwerbslosen, Ausgegrenzten und derer in ungeschützter Beschäftigung.
    Eingeladen sind die örtlichen Initiativen mit dem Zweck, ihre Kontakte untereinander auszubauen und ihre gemeinsame Willensbildung zu vertiefen.
  • 7. und 8. 12. Nizza: EU-Gipfel (er findet wieder, wie schon in Köln, unter der Woche statt)
  • 7.12. Nizza: Demonstration der Euromärsche, von französischen Gewerkschaften und evtl. anderen.
EU-Präsidentschaft in Frankreich
zweites Halbjahr 00
unser Schwerpunkt für dieses Jahr

 

 

Im Unterschied zu bisherigen Informationen scheint die CGT nun doch nicht zu einer Demonstration in Nizza aufrufen zu wollen. Dies kann sich allerdings möglicherweise auch wieder ändern. Ein Konzept für die Durchführung der Erwerbslosenversammlung soll auf der nächsten Koordination der Euromärsche Ende Mai vorgelegt und beschlossen werden.

 


top 2: Texte

Das Büro hat zwei Texte verabschiedet:
  • einen Aufruf nach Nizza, mit den wichtigsten jetzt schon feststehenden Mobilisierungsdaten für 2000
  • eine Charta der sozialen Grundrechte in Europa.
    Dieser Text resümiert die Positionen, die wir bislang in den Märschen diskutiert und beschlossen haben. Es handelt sich um eine Charta der Euromärsche, die wir in diesem Jahr in die Diskussion bringen wollen. Denn der EU-Gipfel im Dezember wird u.a. eine Europäische Grundrechtecharta beschließen, die Gefahr läuft, viele Rechte, die bisher in den Verfassungen der Mitgliedstaaten verankert sind, zu verwässern. Es handelt sich bei unserer Charta um einen Gegenentwurf, den wir mit unseren Aktionen einfordern.

 


nächste Termine:

  • Am 15.April findet die nächste Sitzung des europäischen Büros der Märsche statt. Dort soll vor allem über praktische Anforderungen gesprochen werden, die auf der Koordination im November für ein besseres internationales Funktionieren der Märsche formuliert wurden: Verbesserung der mündlichen und schriftlichen Übersetzungstätigkeit; Einrichtung einer internationale Homepage der Märsche; etc.
  • Am 26. und 27. Mai findet die nächste europäische Koordination der Euromärsche statt, wieder in Brüssel, wahrscheinlich in der Jugendherberge Sleep Well.

 

f.d.Protokoll: Angela Klein
1.2.2000

Euromarsch-Fuss

 

 


Bundeskoordination

Homepage
français
english

aktualisiert
am 13.02.00