Bericht über die Tagung des Europäischen Büros der Märsche

am 15./16. April in Brüssel

 

vertretene Länder: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Spanien.

 

1. Kommission über das Mindesteinkommen

Feststellung des Rahmens, in dem wir an die Frage eines garantierten Mindesteinkommens herangehen: Erwerbslosigkeit, prekäre Beschäftigung, große wirtschaftspolitische Leitlinien der EU, Prozeß von Luxemburg zur Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit, strukturelle und legislative Mechanismen.
Vor diesem Hintergrund versuchen wir, eine europäische Forderung von Mindesteinkommen zu beziffern. Andere haben solche Versuche schon vor uns unternommen, z.B. die FERPA (das ist die Vertretung der Rentner im EGB) für die Rentner. Diese ist zu dem Schluß gekommen, daß der Ausdruck eines Mindesteinkommens als Prozentsatz des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu einer verständlichen und in allen Ländern Europas umsetzbaren Forderung führt.
  • Notwendig ist also zunächst eine genaue Bestandsaufnahme dessen, was Erwerbslose und prekär Beschäftigte heute real in jedem Land erhalten (an Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Mindestlohn...). Ebenso eine Bestandsaufnahme dessen, was in jedem Land die Forderungen der Betroffenen hinsichtlich Sozialleistungen und Mindestlöhnen sind.
  • Notwendig ist außerdem eine Analyse (ein kritisches Herangehen) an die verschiedenen Bemessungsarten und statistischen Werte, mit denen wir es zu tun haben: die Bemessung der Armutsgrenze, der mittlere Lohn, der Prozentsatz des BIP, usw.
  • Von da aus können wir verschiedene Modellrechnungen aufstellen und die Werte in Euro bzw. in der Landeswährung beziffern. Dies erlaubt aufschlußreiche Vergleiche und somit die Erarbeitung einer gemeinsamen quantitativen Forderung, die dem Grundsatz der Angleichung nach oben folgt.
Der zunehmend stärkere Zusammenhang zwischen Erwerbslosigkeit und ungeschützter Beschäftigung erfordert, daß wir gleichzeitig und mit gleicher Vorgehensweise, mit der wir die Forderung zu einer Mindest-Sozialleistung entwickeln, auch Forderungen zu Mindestlohn und Mindestrente entwickeln müssen.
Wir arbeiten auf der Grundlage der statistischen Daten, die auf der Büro-Sitzung ausgegeben wurden: wir müssen sie für jedes einzelne Land verifizieren und ergänzen, insbesondere um die zentralen Forderungen der Erwerbslosenbewegung, die bisher nur aus einigen Ländern vorliegen. Diese Arbeit sollte bis Anfang Mai erledigt sein.

Die Länder, die nicht vertreten waren, sollen ihre Angaben zügig an eine der nachstehenden email-Adressen schicken: predrag.grcic@freebel.net; connan.mariepaule@chello.be. Fax: Marie Paule Connan: 00322 22305024.
Am 4.Mai wird sich eine kleine Kommission zusammensetzen und die eingesandten Angaben verwerten.
Das Ergebnis wird auf englisch übersetzt und vor der Europäischen Koordination Ende Mai verschickt. (Das bedeutet, daß für das deutschsprachige Publikum das gesamte, ziemlich umfangreiche Material, auf englisch vorliegen wird; es wird per email versandt werden.)
Wir wenden uns mit diesem Material allen Initiativen und Einzelpersonen, die in der gleichen Richtung arbeiten und eine untere Barriere gegen Lohn-, Steuer- und Sozialdumping suchen, um von ihren Erfahrungen zu lernen und mit dem Ziel, ein gemeinsames Kolloquium anläßlich des Gipfels des Europäischen Unternehmerverbands am 9.-10.Juni 2000 in Brüssel zu organisieren.
Auf der Europäischen Koordination, die vom 26.-28. Mai in Paris stattfinden wird, wollen wir einen Vorschlag für ein europäisches Mindesteinkommen erarbeiten ­ nicht als magische und ein für allemal feststehende Formel, sondern als eine verständliche Forderung, die unserem Kampf gegen die Abwärtsspirale in den kommenden Jahren eine gemeinsame Stoßrichtung gibt und eine Verbindung zu den Lohnkämpfen erlaubt.

Bundeskoordination

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  1. Kommission Mindesteinkommen
  2. Charta der sozialen Rechte
  3. Informationsrunde
  4. Kalender der Mobilisierungen
    1. Brüssel 9.-11.06.
    2. Weltmarsch der Frauen
      Paris 17.06.
    3. Porto 19.06.
    4. Genf Ende Juni
    5. Millau 30.06./01.07.
    6. Oktober:
      Biarritz und
      Weltmarsch der Frauen
    7. Nizza
  5. Aufruf zu Generalständen

 

2. Charta der sozialen Rechte

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt und unabhängig von der Haltung der Einzelnen zu den europäischen Institutionen kämpfen die sozialen Verbände und Nichtregierungsorganisationen in Europa heute für die Aufnahme der sozialen Grundrechte in den auf der Regierungskonferenz von Nizza zu beschließenden Vertrag, damit sie Rechtskraft erhalten. Soziale Grundrechte dürfen nicht zu Floskeln verkommen oder in der Versenkung verschwinden. Aus diesem Grund verbreiten wir die Charta der sozialen Rechte der Europäischen Märsche, und wir beteiligen uns an breiteren Initiativen wie die der französischen Liga für Menschenrechte (LDH) mit dem Ziel gemeinsamer Aktionen und Mobilisierungen.

 

3. Informationsrunde über die Lage der Erwerbslosen und der Erwerbslosenbewegung

Es war ein gegenseitiger Informationsaustausch über die soziale Lage in den jeweiligen Ländern. Ergebnis war die Feststellung, daß nunmehr überall dieselbe Regierungs- und Unternehmerstrategie gegenüber Erwerbslosen und prekär Beschäftigten sichtbar wird. Im nächsten Informationsrundbrief wird sich ein Artikel detaillierter damit befassen.

 

4. Kalender der Mobilisierungen

Er wird immer voller. Nicht nur, weil kaum noch eine internationale Begegnung der »Großen« unbeachtet und ohne Protest verläuft, sondern auch, weil es mehr und mehr werden, die auf die Entscheidungen Einfluß nehmen wollen. Die jüngsten Ereignisse in Washington beweisen dies wieder.
Im Juni ist viel los. In Verbindung und in Ergänzung zu anderen Netzwerken entwicklen wir in Europa verstärkt regionale, grenzübergreifende Mobilisierungen.

a. Gipfel des Europäischen Unternehmerverbands (UNICE) in Brüssel ­ 9.-11.Juni 2000

Dieser Gipfel befaßt sich in der Hauptsache mit Fragen der Beschäftigung, der Erwerbslosigkeit und der ungeschützten Beschäftigung. Zum erstenmal versammeln sich die wirklichen Herrscher der Europäischen Union, die Bosse, in der Nähe ihrer europäischen Institutionen, um kurz vor dem EU-Gipfel in Porto ihre Weisungen kundzutun. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) ist offiziell eingeladen und nimmt teil; das bedeutet nicht, daß alle ihm angehörenden Gewerkschaften sich an die Beschlüsse dieses Gipfels gebunden fühlen werden.
ATTAC organisiert verschiedene Initiativen, vor allem eine Demonstration in Brüssel am Freitag, den 9.Juni. Sie soll vor allem durch Teilnehmende aus Belgien, Holland, Westdeutschland, Nordfrankreich und Luxemburg gestützt werden.
Am Tag der Demonstration werden wir im Anschluß ein Kolloquium über das Mindesteinkommen in Europa, mit Pressekonferenz usw. durchführen. Die belgische Koordination der Märsche soll den Vorsitz dafür übernehmen.

b. Weltmarsch der Frauen:

Er trifft am 17.Juni in Paris ein ­ Demonstration.

c. Demonstration des EGB am 19. Juni in Porto

Der Gipfel von Lissabon hat die »Blair«-Linie bestätigt: weder die eindrucksvolle Demonstration der CGTP, an der wir teilgenommen haben, noch der Gegengipfel haben bewirken können, daß die EU-Regierungn von ihrer neoliberalen Linie abrücken.
Wir müssen die Mobilisierung also ausweiten. Wir werden uns an der EGB-Demonstration beteiligen (der EU-Gipfel selbst findet am 20. und 21.Juni in Santa Maria da Feira, in der Nähe von Porto, statt) mit Delegationen aus Portugal, Spanien, Italien und Südfrankreich. Wir nehmen entsprechend Kontakt mit dem EGB auf.
Angesichts unserer beschränkten Finanzmittel können wir keine stärkere Beteiligung aus weiter entlegenen Orten in Aussicht nehmen. Wir werden mit den beteiligten Gewerkschaften Kontakt aufnehmen, um an ihren Fahrmöglichkeiten teilzunehmen.
Auf der Demonstration bilden wir einen Block der Europäischen Märsche und organisieren eine Pressekonferenz.

d. UN-Sozialgipfel in Genf

Ab dem 25. Juni findet eine UNO-Konferenz statt, die sich mit sozialen Fragen beschäftigt ­ fünf Jahre nach dem Sozialgipfel in Kopenhagen.
Dieser Gipfel wird für die sozialen Bewegungen, NGOs und Gewerkschaften eine Gelegenheit sein, sich sechs Monate nach Seattle und drei Monate nach Washington erneut zu versammeln, um über konkrete Kampagnen gegen die Auswirkungen der liberalen Globalisierung zu diskutieren (Streichung der Schulden, Ablehnung der WTO, Besteuerung des Spekulationskapitals usw.). Internationale Bündnisse und Netzwerke können auf diese Weise hergestellt werden. Es ist wichtig, daß Delegationen der Märsche sich an diesen Debatten beteiligen.
Eine Demonstration am 25.Juni ­ die allerdings nicht im Mittelpunkt der Gegenaktivitäten in Genf steht ­ wird vor den Sitz der WTO ziehen, um gegen die Wiederaufnahme der Verhandlungen zu protestieren. Auch diese Mobilisierung wird auf regionaler Basis organisiert werden.

e. Millau (Frankreich)

Am 30.Juni/ 1.Juli werden zahlreiche französische und ausländische Initiativen nach Millau, an den Nordrand der Cevennen, nordöstlich von Montpellier, mobilisieren. Dort wird dem Vorsitzenden des französischen Bauernverbands, José Bové, der Prozeß gemacht. Darum herum finden zahlreiche Gegenaktivitäten statt, die sowohl Diskussions- als auch Festivalcharakter haben.
Wir werden mit einem Stand vertreten sein und wollen uns nach Kräften an den Diskussionsforen beteiligen.
Wir wollen die wahrscheinlich riesige Versammlung nutzen, um für Nizza 2000 zu mobilisieren, wie wir von Anfang Juni an praktisch bei jeder Aktivität tun wollen.

f. 14. Oktober:

Zeitgleich ist der EU-Gipfel in Biarritz und die Abschlußdemonstration des Weltmarschs der Frauen in Brüssel.

g. Nizza 2000

Der EU-Gipfel am 7. und 8.Dezember hat herausragende Bedeutung: Er schließt die Regierungskonferenz ab, die über eine Reform der Institutionen, die EU-Erweiterung und die Grundrechtecharta befindet. Die sozialen Bewegungen und die Gewerkschaften werden sich dort einfinden (in Brüssel wurde gesagt, der EGB habe am Rande des Gipfels in Lissabon beschlossen, nach Nizza zu mobilisieren; ein Datum steht aber noch nicht fest).
Die von uns geplante europäische Versammlung der Erwerbslosen und ungeschützt Beschäftigten werden wir zeitlich so legen, daß sie mit den zahlreichen anderen Initiativen und Aktivitäten, die sich Anfang Dezember ballen, abgestimmt ist.

 

5. Aufruf zu Generalständen der sozialen Bewegung in Europa

Diese Initiative geht von Pierre Bourdieu aus. Sein Aufruf ist in Frankreich bereits von verschiedenen Initiativen, Verbänden, Gewerkschaften und Intellektuellenkreisen diskutiert worden; auch in anderen Ländern kursiert er (s.Unterzeichnerliste). Am Donnerstag vor dem 1.Mai wird er der Öffentlichkeit mit dn bis dahin eingegangenen Unterschriften vorgestellt. Er wurde auch über das Netzwerk der Märsche verbreitet: in Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande haben die Märsche beschlossen, ihn zu unterstützen. Die in Brüssel Versammelten äußerten sich zwar alle positiv zu dem Aufruf, doch kann eine Unterschrift im Namen des Europäischen Netzwerks der Märsche erst nach dem OK. der Europäischen Koordination am 24. und 25.Mai erfolgen. Um die bestehende Unterstützung dennoch rechtzeitig zum 1.Mai zum Ausdruck zu bringen, haben wir beschlossen, die Verantwortlichen der nationalen Netzwerke namentlich aufzuführen und anzufügen, daß fünf Länder ihre Unterstützung ausgesprochen haben.
Es wurde außerdem der Vorschlag gemacht, mit den Initiatoren des Aufrufs in Kontakt zu treten in Hinblick auf eine gemeinsame Initiative (auch mit der LDH) zu den sozialen Grundrechten anläßlich des Gipfels von Nizza. Was sind Generalstände?

Paris, 20.4.2000 Sekretariat der Europäischen Märsche

i.a. Michel Rousseau
Übersetzung: Angela Klein

  1. Kommission Mindesteinkommen
  2. Charta der sozialen Rechte
  3. Informationsrunde
  4. Kalender der Mobilisierungen
    1. Brüssel 9.-11.06.
    2. Weltmarsch der Frauen
      Paris 17.06.
    3. Porto 19.06.
    4. Genf Ende Juni
    5. Millau 30.06./01.07.
    6. Oktober:
      Biarritz und
      Weltmarsch der Frauen
    7. Nizza
  5. Aufruf zu Generalständen

 

 

französisches Original

 

 

pied

 

 

 

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