Aktionszeitung der Europäischen Märsche gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung, Oktober 2000

noborder

Netzwerk antirassistischer Gruppen in Europa

Antirassistische Gruppen aus den Niederlanden, Frankreich, Dänemark, Schweiz, Belgien und Deutschland knüpften im letzten Jahr ein Netzwerk, das koordinierte Aktionen gegen die Festung Europa ermöglichen soll. In der Folge kamen weitere Gruppen u.a. aus Italien, Spanien, Finnland, England, Schweden und Polen hinzu.
Erste parallele Aktionen fanden im Oktober '99 anläßlich des EU-Sondergipfels zu Inneren Sicherheit und Einwanderungspolitik in Tampere/Finnland statt. Dieser sollte eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung zur und des Umgangs mit ( illegaler") Migration und mit Flüchtlingsbewegungen beschließen mit dem Ziel weiterer Abschottung und Ausgrenzung.
Während in Tampere ein Gegengipfel und Demonstrationen mit internationaler Beteiligung organisiert wurden, initiierte kein mensch ist illegal eine Demonstration vor der Zentrale des Bundesgrenzschutz in Koblenz, der in Deutschland federführend in der Koordinierung von Abschiebungen ist. Zeitgleich machten Gruppen in Berlin und Frankfurt/Main an den dortigen Flughäfen mit Transparentaktionen auf die Proteste aufmerksam. Belgische Kollektive gegen Abschiebung demonstrierten auf dem Brüsseler Flughafen. Pariser AktivistInnen stürmten die exterritoriale Abschiebezone des Flughafens in Roissy; Aktionen gab es auch in sieben weiteren Städten Frankreichs, z.T. in Verbindung mit einer landesweiten Karawane der Sans Papiers. Auch in der Schweiz, Österreich, Italien, den Niederlanden und Polen wurden antirassistische Gruppen aktiv.
Einige der bei noborder vernetzten Gruppen betreiben Kampagnen gegen Fluggesellschaften, die am Geschäft mit Abschiebungen verdienen. Nachdem AktivistInnen des Autonoom Centrum in Amsterdam die Fluggesellschaft Martin Air mittels Go-ins und öffentlicher Anprangerung davon überzeugen konnten, aus diesem Geschäft auszusteigen, widmen sie sich jetzt der Abschiebepraxis der KLM.

 

In Deutschland startete kein mensch ist illegal in diesem Frühjahr die Aktionskette »deportation.class stop« gegen die Lufthansa als größter deutscher Abschiebe-Fluggesellschaft. Mit zahlreichen Aktionen an Flughäfen, Standorten von Lufthansa-Gesellschaften und einem eindrucksvollen Auftritt bei der Aktionärshauptversammlung konnte erreicht werden, daß gewaltsame Abschiebungen gestoppt wurden und die Lufthansa jetzt mit dem Bundesinnenministerium über einen vollständigen Ausstieg aus dem Abschiebegeschäft verhandelt. Spanische AntirassistInnen planen nun eine ähnliche Initiative gegen Iberia; in Großbritannien wurden erstmals Abschiebungen mit British Airways verhindert.
Die von »kein mensch ist illegal« 1998 entwickelte Aktionsidee, mittels Grenzcamps an der ostdeutschen Grenze die dort stattfindende Menschenjagd auf »illegale« Flüchtlinge und MigrantInnen zu behindern, weitete sich über die Kontakte des noborder-Netzwerks international aus. In diesem Jahr fanden Camps an der polnisch-ukrainischen, an der deutsch-polnischen Grenze sowie auf Sizilien statt; an der Grenze Mexico-USA (!) wurde ein Grenz-Festival mit dem Namen »borderhack« organisiert.

Am 14. Oktober ist anläßlich des EU-Innenministertreffens in Biarritz unter der Parole »no one is illegal« ein internationaler Aktionstag geplant - mit Aktionen in Großbritannien, Frankrich und Finnland. Parallel dazu finden in den USA MigrantInnen-Demonstrationen für ihre Legalisierung statt.

Das europäische Netzwerk will sich im Dezember vor dem EU-Ratsgipfel zu einer Konferenz in Marseille treffen und sich anschließend an den Aktionen in Nizza beteiligen.

Kontakt: ag3f@oln.comlink.apc.org

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