Aktionszeitung der Europäischen Märsche gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung, Oktober 2000
Eine Stimme für die Erwerbslosen
Europäische Erwerbslosenversammlung
vom 2. bis 4. Dezember in Paris
Medien und Regierungen künden vom Wirtschaftsaufschwung in Europa und sinkenden Erwerbslosenzahlen. Was sie verschweigen: An einigen Regionen wie z.B. Ostdeutschland geht diese Entwicklung vorbei. Und: Die neuen Jobs, zu denen Erwerbslose mehr und mehr genötigt werden, sind befristet und schlechter bezahlt als vorher. Nach Ablauf einiger Monate, bestenfalls weniger Jahre, stehen sie wieder auf der Straße und das Karussell geht von vorne los. So nimmt die Armut selbst bei Erwerbsarbeit zu. Überall in der Europäischen Union wird heute dieselbe »Beschäftigungs«politik betrieben: Ausweitung der prekären Beschäftigung und Zwangsmittel gegen Erwerbslose, jeden Job anzunehmen. Die Europäischen Märsche laden deshalb die Erwerbslosen und prekäür Beschäftigten aus ganz Europa nach Paris zu einer gemeinsamen Versammlung Anfang Dezember ein. Die Versammlung findet wenige Tage vor der Großdemonstration in Nizza und den Protestaktionen der Erwerbslosen gegen den EU-Gipfel statt. Sie dient dem Austausch über die Lage der Erwerbslosen und prekär Beschäftigten und der Koordinierung unserer weiteren gemeinsamen Initiativen und Aktionen.
Samstag, 2. Dezember, ab 15 Uhr
Auftaktveranstaltung: Vom Wirtschaftsaufschwung ausgegrenzt
Der Wirtschaftsaufschwung in Europa zieht an den Erwerbslosen vorbei.
Noch nie wurde soviel Reichtum produziert. Während ein Rückgang der
Erwerbslosenzahlen gemeldet wird, nimmt prekäre Beschäftigung und Armut zu.
Die neue Lage schwächt und verwirrt die Erwerbslosenbewegung. Wie können
wir reagieren?
Neben einem Einleitungsreferat ist hier auch an die Darstellung
exemplarischer Kämpfe in der letzten Zeit gedacht.
Anschließend werden Zielsetzung und Ablauf der Erwerbslosenversammlung
vorgestellt.
Ort: Bourse de Travail, Métro République, rue Château d'Eau 3 (10. Bezirk)
Im Untergeschoß des Gebäudes findet die ganze Woche über eine Ausstellung
über die Europäischen Märsche seit 1997 statt.
Sonntag, 3. Dezember, ab 9 Uhr
I. Erwerbslosigkeit und prekäre Beschäftigung in Europa
Forum I: Die Lage der Erwerbslosen in den verschiedenen Regionen Europas. Wovon leben sie?
Erwerbslosigkeit hat viele Gesichter. Längst nicht in allen Teilen Europas gleicht sich die Situation von Erwerbslosen. Es gibt tiefe soziale und kulturelle Brüche, nicht nur zwischen den Ländern, sondern manchmal auch innerhalb eines Landes - Ost- und Westdeutschland z.B., oder Nord- und Süditalien. Damit wir unsere Situation, aber auch unsere Bewegungen und Forderungen besser kennenlernen, müssen wir uns gegenseitig informieren.
Übersicht/Archiv
Die Entwicklung der Euromärsche
Was wollen wir mit der Erwerbslosenversammlung?
Diskussionsbeitrag von Angela Klein
Forum II: Die verschiedenen Formen prekärer Beschäftigung.
Erwerbslose werden in ungeschützte Beschäftigungsverhältnisse gesteckt, für andere verläuft die Rutschbahn anders herum: von einem gesicherten Arbeitsplatz über Zeitjobs in die Arbeitslosigkeit. Für junge Leute beginnt die berufliche Laufbahn mit Erwerbslosigkeit; Ältere müssen sich die letzten Jahren vor der Rente noch in Teilzeitjobs verdingen. Wir wollen gemeinsame Problemlagen und Forderungen herausfinden.
Forum III: Kämpfe, Bewegungen, Organisationsformen
Das Forum dient dazu, das Verständnis für unterschiedliche Forderungen und Kampfformen zu vertiefen und Brücken zu schaffen, daß das gemeinsame Anliegen trotz der Unterschiede überwiegt.
Forum IV: Die Politik der Regierungen und Behörden bei der Schaffung ungeschützter Beschäftigung
Hier geht es darum, gemeinsame Entwicklungslinien herauszufinden. Wie werden die beschäftigungspolitischen Leitlinien in den Mitgliedstaaten umgesetzt?
Die vier Foren finden parallel statt und nehmen fast den ganzen Sonntag ein. Allen vier Foren werden folgende drei Fragen gestellt:
- Welche Forderungen haben die Erwerbslosen und prekär Beschäftigten?
- Wie stehen sie zu dem Vorschlag für ein europaweites individuell garantiertes Mindesteinkommen? Kann die Forderung ein Ansatz für eine europaweite Kampagne sein?
- Wie stehen sie zur Charta der sozialen Rechte? Wie können wir damit arbeiten?
Die Antworten auf diese Fragen liefern die Grundlage für den 2. Tagesordnungspunkt am Sonntag, der Plenumsdebatte über gemeinsame Aktionen.
Die Debatte in den Foren soll begleitet werden von einer Fotoausstellung.
Dazu sollen die Erwerbslosenorganisationen Material mitbringen, das ihre
Tätigkeit dokumentiert.
Wenn möglich sollen sie auch kurze schriftliche Texte mitbringen, in denen sie sich vorstellen.
Die Organisationen und Bündnisse der Erwerbslosen in den verschiedenen
Ländern haben die Aufgabe, mündliche Beiträge für die vier Foren
vorzubereiten. Sie sollten sich zu diesem Zweck absprechen.
Sie sollen Personalvorschläge für die Leitung der Foren machen.
Sie müssen sich um Übersetzer in und aus dem Französischen oder Englischen
kümmern.
II. Aktionen
Im Anschluß an die Foren gibt es eine Plenumssitzung über eine gemeinsame europaweite Kampagne.
Der Vorschlag ist, in 2001 europaweit eine Kampagne für ein individuelles und garantiertes Mindesteinkommen durchzuführen.
Ort: Gewerkschaftshaus Creteil (Nähe Paris)
Montag, 4. Dezember, ab 9 Uhr
I. Arbeitsweise der Erwerbslosenversammlung
- Wie wird das europäische Sekretariat gewählt?
- Wie soll es arbeiten?
Der Vorschlag ist, daß das Sekretariat in vier Ausschüssen arbeitet:
- einer zur Durchführung der beschlossenen Kampagne;
- einer zur Untersuchung der prekären Beschäftigung in Europa, der Lage der prekär Beschäftigten, ihrer möglichen Organisationsformen und Forderungen;
- einer für die Finanzen;
- einer für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Die Netzwerke der Erwerbslosen in den verschiedenen Ländern sollen Personalvorschläge dafür machen.
II. Abschlußveranstaltung:
- Die politische Situation am Vorabend von Nizza. Wer mobilisiert alles nach Nizza?
Europa und die Welt: Die Aktionen der Erwerbslosen als Teil des Kampfs gegen die kapitalistische Globalisierung. Alternativen zur EU als einer Institution zur Durchsetzung dieser Politik. - Wir setzen uns in Bewegung: Überblick über die geplanten Aktionen und die letzten Vorbereitungen dafür.
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